Hochwasser, Stürme, Tropentage. Klimawandel im Harz - was ist zu tun?

„Die Regenwürmer werden völlig unterschätzt“

12.03.18 –

Einen politischen Vorschlag wolle er machen, kündigte Dr. Friedhart Knolle an. Auf diesen Vorschlag waren Politiker*innen von Bündnis 90/Die GRÜNEN und die anwesenden Gäste gespannt. Der Kreis- und Ortsverband der GRÜNEN hatten unter dem Titel „Hochwasser, Stürme, Tropentage im Harz – Was ist zu tun?“ zu einer Diskussions- und Informationsveranstaltung zum Thema Klimawandel im Harz in den Eulenhof in Hörden eingeladen. Zunächst schilderte Knolle mit vielen anschaulichen Graphiken die Dramatik der Entwicklungen im Harz in Folge der globalen Erwärmung. Die Schilderungen des ebenfalls eingeladenen mehrfach ausgezeichneten Bio-Landwirtes Daniel Wehmeyer aus Düna, sollten anschließend zeigen, wie groß die Bedeutung einer nachhaltig wirtschaftenden Landwirtschaft in Bezug auf Ursache und Wirkung des Klimawandels ist.

Der Nordharzer Knolle unterstrich anhand von persönlichen Eindrücken während des Hochwassers im Juli 2017 die schwerwiegenden Folgen des Klimawandels für den Harz: Seien es die zerstörten Gebäude in seiner Nachbarschaft, die Verwüstung vieler Wanderwege im Nationalpark oder die über den Goslarer Marktplatz schwimmende Forelle.

Sein Vorwurf an die Politik: Man hätte Jahrzehnte verschlafen, Flora und Fauna hätten schneller auf den Klimawandel reagiert als die Politik. So fänden sich zahlreiche Arten von der Wespenspinne bis zu einem bunten Vogel, dem Bienenfresser bei uns ein, die zuvor nur südlich der Alpen zu finden waren. Deutlich wird das durch die Temperaturkurven einer der ältesten Wetterstationen weltweit auf dem Brocken und durch den Fichtenaustrieb, der verglichen mit 1966 inzwischen einen Monat  später stattfindet. Den Bäumen macht der Klimawandel sehr zu schaffen. „Wenn sich das Temperaturfenster nur minimal verschiebt, haben die Bäume Probleme.“ So sei auch der übermäßige Borkenkäferbefall auf die Schwächung der Bäume durch den Klimawandel zurück zu führen. Ebenso läge die Ursache für Erosion und Schlammlawinen in der Schädigung der Bäume, so Knolle, da die Wurzeln den Boden nun nicht mehr halten könnten.

Für die Zukunft ist sich der Vorsitzende des BUND Westharz sicher, dass uns hier im Harz infolge der globalen Erwärmung Verhältnisse wie in Kalifornien oder Südafrika mit drastischer Wasserknappheit und verheerenden Waldbränden auch bevorstehen. Für den Harztourismus entscheidend wird sein, dass die Tage mit über 10 cm Schneehöhe immer seltener werden. Menschen, die am Wasser wohnen, empfiehlt er, Notstromaggregate, Sandsäcke und  für schadhafte Dächer Plastikplanen zu besorgen, da dies alles im Notfall nur begrenzt zur Verfügung steht.

Nun wird immer wieder darüber diskutiert, vermehrt Talsperren zu bauen um den Starkregenereignissen  gewappnet zu sein. Knolle meint dazu: „Die Katastrophen haben wir mit den Talsperren, diese dienen nur vermehrt dem Trinkwasser-Verkauf.“ Sein Vorschlag an die Politik lautet: „Es müssen Überschwemmungsgebiete festgesetzt und Auen freigeräumt werden.“

Da die Gemeinde Schladen, an der Oker gelegen, schon mehrmals von Hochwässern betroffen war, hat sich rund um deren Bürgermeister, Andreas Memmert eine „Flussgebietspartnerschaft Nördliches Harzvorland“ gegründet. Das von dieser Partnerschaft betriebene integrierte Auengebietsmanagement hält er auch für den Südharz für eine wichtige Maßnahme, um für die nächsten anstehenden Starkregen besser gerüstet zu sein.

Überleitend zum zweiten Referenten des Abends fragte Doris Köplin, die den Abend moderierte und Ortsratsmitglied für die GRÜNEN in Scharzfeld ist, provokant, ob wir in Zukunft im Harz wohl Wein oder Reis anbauen müssten. Daniel Wehmeyer, Biolandwirt und Züchter des Harzer Roten Höhenviehs, fragt sich in der Tat, was das in Zukunft wird mit seinem Bio-Betrieb.

Die Extremwetterlagen beeinflussen die Nahrungsmittelproduktion stark. Wie auch Dr. Knolle schon in seinem Vortrag angemerkt hatte: „ Bei den Landwirten geht es um Bruchteile von Graden.“ So schilderte Wehmeyer, dass die Ernte schwierig wird, wenn die Mähdrescher aufgrund zu nasser Böden nicht auf die Felder fahren können. Oft kann nicht mehr die notwendige Qualität für Brotgetreide erreicht werden, wenn zum Beispiel der Weizen zu feucht geerntet werden muss.

Dass die Biolandwirtschaft eine bedeutende Rolle für den nachhaltigen Umgang mit Ressourcen hat machte er an einem Beispiel aus der Praxis deutlich: „Ich kümmere mich jetzt mehr um die Regenwürmer“, so Wehmeyer. Er hätte sich für 50.000 Euro einen Miststreuer gekauft, denn Regenwürmer könnten mit Gülle wenig anfangen. Mit dem Miststreuer kann er nun den Regenwürmern im Herbst „Lunchpakete“ (1,5 kg Mist pro Quadratmeter) servieren. Die gute Ernährung der Regenwürmer bewirke eine hervorragende Bodenfruchtbarkeit und unmittelbaren Schutz vor Erosion. Im Unterschied zu benachbarten konventionell bewirtschafteten Feldern, haben seine Felder einen Starkregen von 120 l/m² im vergangenen Jahr problemlos verkraftet. Die Regenwürmer hatten durch ihre Tätigkeit im Boden für eine gute Drainage gesorgt und so konnte die große Menge Wasser in kurzer Zeit versickern, anstatt, wie auf den Nachbarflächen, für Erosionsschäden zu sorgen.

In der anschließenden Diskussion erläuterte Wehmeyer auch nochmals ausführlicher, warum er sich ursprünglich einmal für die Biolandwirtschaft entschieden hatte: Er wolle den Abfluss von Kapital aus dem ländlichen Raum nicht mehr hinnehmen, so der in Düna aufgewachsene junge Landwirt. Die in der konventionellen Landwirtschaft verwendeten Pestizide und Düngemittel würden für viel Geld bei großen Konzernen gekauft, so fließe das hier erwirtschaftete Geld aus der Region heraus. Da in der Biolandwirtschaft nicht mit Kunstdünger, sondern mit Mist aus dem eigenen Betrieb gedüngt wird, ging Wehmeyer auch auf die neue Düngeverordnung ein, die bewirkt, dass die Felder nicht mehr übermäßig mit Nährstoffen aus der Tierhaltung versorgt werden dürfen. Die viel zu hohe Versorgung der Böden mit Nährstoffen ist die Ursache dafür, dass in vielen Gegenden in Niedersachsen die Grenzwerte für Nitrat im Grundwasser deutlich überschritten werden.

Hier schließt sich für Dr. Friedhart Knolle der Kreis wieder zur Harzer Wasserwirtschaft, denn nach seiner Ansicht wären die Talsperren überstrapaziert, weil sie in Gegenden mit vergiftetem Grundwasser  für sauberes Trinkwasser sorgten. Da laut Daniel Wehmeyer für einen klima- und ressourcenschonenden Biolandwirtschaftsbetrieb die Regenwürmer für die Bodengesundheit eine herausragende Rolle spielen, ergänzte Knolle zum Schluss, sein Doktorvater hätte schon vor 20 Jahren gesagt: „Die Regenwürmer werden völlig unterschätzt!“

Zu den Zeitungsarrtikeln über die Diskussion der Osteroder Grünen mit Dr. Friedhart Knolle und Daniel Wehmeyer:

https://www.eseltreiber.de/gehe/produkte/nutzen.php?pg=abo&id=4381

https://www.harzkurier.de/lokales/herzberg/article213709385/Bald-kalifornische-Verhaeltnisse.html

https://www.harzkurier.de/lokales/dialog-und-meinung/kommentare/article213712541/Noch-fehlt-der-Druck.html

 

 

 

 

 

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