Stellungnahme der GRÜNEN Fraktion zum kommunalen Handlungskonzept zur Schaffung und Sicherung von bezahlbarem Wohnraum in Göttingen

07.03.18 –

A. Göttingen braucht ein kommunales Handlungskonzept!

Der eklatante Wohnraummangel ist aktuell die größte Herausforderung, vor der die Stadt Göttingen steht. Es fehlt an sozialem und bezahlbarem Wohnraum, an Wohnraum für Studierende, für Familien und für Senior*innen. Daher haben wir im vergangenen Jahr als Fraktion von Bündnis 90/Die GRÜNEN mit zahlreichen Anträgen einen Schwerpunkt in dem Bereich des sozialen und bezahlbaren Wohnungsbaus gelegt. Wir begrüßen es ausdrücklich, dass jetzt ein kommunales Handlungskonzept vorliegt.

Unsere Anträge sowie die Anträge aus anderen Fraktionen und Gruppen fließen in das vorliegende kommunale Handlungskonzept zur Schaffung und Sicherung von bezahlbarem Wohnraum in Göttingen ein. Es ist gut, dass die Verwaltung ein Handlungskonzept vorlegt, das beides beinhaltet, sowohl die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum, als auch die Sicherung des vorhandenen bezahlbaren Wohnraums.

B. Wie hat die Verwaltung unsere Anträge im kommunalen Handlungskonzept berücksichtigt?

Explizit Bezug genommen wird dabei auf drei von uns in die Ratssitzung am 18. August 2017 eingebrachten Anträge:

Zügig bezahlbaren Wohnraum durch Nachverdichtung in der Stadt schaffen

Das Handlungskonzept sieht unter 4.3.4 Nachverdichtungspotenziale entsprechend des erstellten Baulückenkatasters in Höhe von insgesamt max. 140 Wohneinheiten auf 70 Baulücken. Diese sind nach bestehendem Planungsrecht direkt bebaubar, überwiegend im Einfamilienhaussegment. Nicht betrachtet wurde hierbei jedoch die Möglichkeit der Aufstockung im Mehrgeschosswohnungsbau. Damit wurden entscheidende Chancen vertan, Nachverdichtungspotenziale im sozialen und bezahlbaren Segment bei den gemeinnützigen Wohnungsbaugesellschaften Wohnungsgenossenschaft eG Göttingen, Volksheimstätte eG und der kommunalen Städtischen Wohnungsbau GmbH aufzuzeigen. Hier sollten ebenfalls weitere Möglichkeiten der Nachverdichtung überprüft werden, wir sehen hier ein großes Potenzial.

Soziales Baulandmanagement - keine Bodenspekulation mit Bauland

Mit diesem Antrag fordern wir GRÜNEN eine Richtlinie für städtebauliche Verträge, die die Zielwerte von 30 % geförderten resp. bezahlbaren Wohnraum bei Baulandentwicklung und von 60 % bezahlbaren/geförderten Wohnraum für städtische Grundstücke enthält sowie weitere ökologische und soziale Kriterien der städtischen Quartiersentwicklung.

Das kommunale Handlungskonzept sieht nun unter 4.4 eine Konzeptausschreibung bei der Vergabe von städtischen Flächen vor, das unter anderem wohnungspolitische Kriterien, städtebauliche Qualität und ökologische, energetische und verkehrliche Kriterien berücksichtigt. Insbesondere ist eine 30 % Quotenregelung für geförderten/sozialen Wohnungsbau in städtebaulichen Verträgen vorgesehen. Damit sehen wir wesentliche Kriterien unseres Ratsantrages als erfolgreich umgesetzt an.

Maximale Unterstützung für die Städtische Wohnungsbau Göttingen

Wir fordern in dem Antrag die maximale Unterstützung der Städtischen Wohnungsbau GmbH mit dem Ziel, diese in die Lage zu versetzen, binnen fünf Jahren 1.000 Wohnungen neu zu errichten.

Hier sieht das Handlungskonzept in 4.2.7 wenig Spielraum, mehr als 50 bis 60 Wohnungen jährlich können durch die Städtische Wohnungsbau demnach geleistet werden. Wir sehen durchaus noch Luft nach oben. Die als Voraussetzung für die Steigerung der Wohnbautätigkeit genannten Kriterien der Eigenkapitalerhöhung und der Zuführung von Grundstücken sind unserer Überzeugung zu erfüllende Bedingungen.

Die von uns und der SPD beantragte Stellplatzsatzung ist integraler Bestandteil des kommunalen Handlungskonzepts (4.4.2) und leistet einen wichtigen Beitrag für kostengünstigeres Bauen und eine zeitgemäße Mobilitätsinfrastruktur. Sie senkt die erforderlichen PKW-Stellplätze pro Wohneinheit signifikant und schafft Anreize für die Mobilität mit Rad und Carsharing.

Wohnraumagentur

Ein Teil des Wohnraummangels ist darauf zurückzuführen, dass Mieter*innen nicht in den „passenden“ Wohnungen leben. Dieses trifft insbesondere dann zu, wenn Paare Eltern werden, sich Kinder aus dem Elternhaus verabschieden oder wenn sich im Alter die Bedürfnisse ändern. Unsere Anfrage zur Fehlbelegung von Wohnungen vom 19. Oktober 2017 ist mit der Errichtung einer Wohnraumagentur beantwortet (4.2.5) . Wir begrüßen innovative Maßnahmen, die dazu beitragen, den Bedarf an Neubau zu reduzieren. Hier sollten über die angesprochenen Themen auch das Thema inklusive Wohnprojekte sowie Beratung und Information für kollektive Wohneigentumsformen wie Baugruppen, Bau- und Wohngenossenschaften erfolgen.

Die Vernetzung mit dem Senioren- und Pflegestützpunkt, der Altenhilfe Göttingen, den Stadtteil- und Nachbarschaftszentren, dem Mehrgenerationenhaus, dem Mieterverein, dem Verein H + G sowie potenziellen Investoren/innen zusammenarbeiten ist der richtige Weg. Die Vernetzung muss jedoch noch größer gedacht werden und in die einzelnen Quartiere hineingehen, nicht zuletzt, da die häufig zwar bereit sind, ihre Wohnung zu wechseln, nicht jedoch ihre gewohnte Umgebung zu verlassen.

Studentischer Wohnungsbau zur Entspannung des allgemeinen Wohnungsmarkts

Den Antrag Studentischer Wohnungsbau zur Entspannung des allgemeinen Wohnungsmarkts haben wir zur gemeinsamen Sitzung der Ausschüsse für Bauen, Planung und Grundstücke sowie für Soziales, Integration und Wohnungsbau am 9. November 2017 eingebracht. Diese nicht neue Forderung der GRÜNEN nach besserer Kapitalausstattung der Studentenwerke für die Schaffung vom mehr studentischem Wohnen wurde in Punkt 4.2.6 mit aufgenommen.

Hier hoffen wir mit der Verwaltung, dass mit dem Sonderprogramm der Groko in Niedersachsen geklotzt und nicht gekleckert wird und die Universitätsstädte nicht im Regen stehen gelassen werden.

C. Bewertung des kommunalen Handlungskonzepts aus GRÜNER Sicht

Diese genannten Ziele und Maßnahmen sollen als Selbstverpflichtung in einem Göttinger Bündnis für bezahlbares Wohnen von allen wesentlichen Akteuren, den drei großen Wohnungsbaugesellschaften wie auch von privaten Investoren unterzeichnet werden (vgl. Vorbemerkung). Das ist ein erster Schritt, der - wie im Konzept vorgesehen - eines Monitorings und einer politischen Begleitung bedarf. Das Handlungskonzept kann aber noch nicht der große Wurf für mehr bezahlbaren Wohnraum in Göttingen sein, dazu fehlt es weiterhin an einer ordentlichen Wohnungsbauförderung durch Land und Bund.

Daher haben wir gemeinsam mit der SPD in der Sitzung des Rats am 16. Februar 2018 gefordert: Land Niedersachsen muss sozialen Wohnungsbau besser fördern! Wir sind der Überzeugung, dass nur direkte Zuschüsse, die das Eigenkapital der Investoren unmittelbar erhöhen, geeignet sind, den Wohnungsbau anzukurbeln.

Die derzeitige Förderung über verbilligte Darlehen können in der jetzigen Zinssituation den Wohnungsbau gar nicht ankurbeln. Die vorgeschlagenen Ziele und Maßnahmen spiegeln zum großen Teil unsere politischen Initiativen und Vorschläge wieder und die Verwaltung hat hier dankenswerter Weise eine umfassende Analyse der Situation in Göttingen und brauchbare Handlungsvorschläge erarbeitet, für die die Initiativen aus der Politik und nicht zuletzt von der GRÜNEN Ratsfraktion die Richtschnur waren.

Wichtig ist darüber hinaus, nicht nur Wohnraum zu schaffen, sondern auch die Lebensqualität der Bürgerinnen und Bürger zu erhöhen. Im Ebertal läuft aktuell ein Quartiersentwicklungsprozess, von dem wir uns im Sinne unseres Antrags Lebendige Stadtteile – Quartiersentwicklung in Göttingen vom 17. Juni 2016 erhoffen, übertragbare Lösungen für andere Stadtteile zu erhalten, die ebenfalls Bestandteil des Handlungskonzepts sein sollten.

Wünschenswert ist außerdem eine Perspektive ins Umland: Durch eine verbesserte Mobilität könnte der Großraum Rosdorf – Göttingen – Bovenden für Menschen, die sich als Bürgerinnen und Bürger Göttingens verstehen, erschlossen werden, was zur Entlastung des Wohnungsmarktes beitragen kann.

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