Rede Martin Worbes: Landkreis Göttingen soll 50 Angehörige syrischer Flüchtlinge zusätzlich aufnehmen

13.09.18 –

Die Kreistagsrede von Martin Worbes zu dem im Ausschuss für Soziales, Gesundheit und Integration mehrheitlich empfohlen geänderten Antrag „Mehr geflüchtete Menschen aufnehmen - Kommune der Zuflucht werden“, der im Kreistag am 05.09.2018 trotz der Grünen Stimmen die Mehrheit knapp verfehlte und zu dem im Kreistag geänderten Änderungsantrag der SPD, der auch mit den Grünen Stimmen beschlossen wurde. Beide Beschlusstexte sind über die unten stehenden Links aufzurufen.

"Gestern Abend in den Tagesthemen hat der Uno-Flüchtlingskommissar Filippo Grandi vor einer neuen Flüchtlingskatastrophe im Norden Syriens gewarnt, wo die Syrische Armee mit Unterstützung der russischen Luftwaffe den Angriff auf die Großstadt Idlib vorbereitet. Dorthin sind aber bereits die Menschen aus anderen Landesteilen Syriens geflohen, es werden weiter Bomben auf Zivilisten geworfen, es wird geschossen und getötet. Ich weiß nicht, wohin diese Menschen noch fliehen können. Erdogan lässt sie nicht durch, wenn sie doch nach Griechenland kommen, versperren mittlerweile Grenzen mit Stacheldraht von rechtsnationalen Staaten den Weg, und am Ende fängt die bayrische Grenzpolizei während eines Monats die drei letzten Menschen, die so weit gekommen sind und schickt sie unter den Gejohle von Menschenfeinden, Populisten und Neonazis zurück in Auffanglager in Griechenland.

In Göttingen kommen praktisch keine Flüchtlinge mehr an, im letzten Jahr waren es sechs, die der Landkreis aufgenommen hat. Die Kapazitäten für die Aufnahme weiterer Menschen sind vorhanden, weil zum Beispiel die Aufnahmeeinrichtung Wollershausen praktisch leer läuft. Angesichts der Millionen Menschen, die in Flüchtlingslagern rund um Syrien hausen, wären 50 Familienangehörige, die wir aufnehmen wollen, weiß Gott nicht mehr als ein Tropfen auf den heißen Stein. Es wäre ein symbolischer Akt, und symbolische Akte zu beschließen scheut sich dieser Kreistag ja nicht, wie die Resolution gegen den Eichsfeldtag der NPD gezeigt hat. Da haben wir uns ja letztlich nicht darum geschert, ob der Aufruf rechtens war oder nicht, wir haben es getan, weil wir alle gemeinsam ein Zeichen gegen das Auftreten von Neonazis, Rassisten, Feinden der Demokratie und der Pressefreiheit setzen wollten. Das haben wir getan vor den Aufmärschen der Nazis in Chemnitz, jetzt ist es noch notwendiger geworden denn je.

Von daher finde ich es schade, dass wir uns nicht im Vorfeld einigen konnten auf etwas Gemeinsames in dieser Frage. De facto hatte keiner der Anträge, über die wir jetzt sprechen eine komfortable Mehrheit. Das ist ein ganz schlechtes Signal.

Wir finden, dass beide Anträge eine Berechtigung haben, auch wenn der SPD-Antrag nicht wirklich ein Änderungsantrag zu dem Antrag der Linken ist, weil er die Aufnahme von Geflüchteten, die bereits in der Stadt Göttingen leben, durch den Landkreis zum Ziel hat. Da es sich aber in beiden Fällen um Resolutionen mit einer positiven Intention handelt, werden wir zunächst dem weiterführenden Antrag der Linken zustimmen, in der Hoffnung dafür eine Mehrheit zu bekommen. Sollte dies nicht der Fall sein, werden wir uns dem SPD-Antrag anschließen, allerdings nur, wenn der Satz gestrichen wird 'Er (der Kreistag) lehnt es grundsätzlich ab, sich in diesem juristisch und gesellschaftlich sehr komplexen Umfeld an geregelten Verfahren vorbei zu engagieren'. Bei solchen Petitionen und Resolutionen halten wir uns gerade nicht an geregelte Verfahren, sondern bitten um deren Änderungen, weil wir Denkanstöße für neue Regelungen geben wollen.

Zum Schluss noch eine grundsätzliche Bemerkung: Das Thema Flüchtlinge eignet sich links von der AFD nicht zur parteipolitischen Profilierung, sondern dient nur der Spaltung. Ich möchte daher bitten, auf allen Seiten in Zukunft damit etwas verantwortungsvoller umzugehen und Kompromisse in der Sache anzustreben.

Auszug aus dem Protokoll über die 9. Sitzung des Ausschusses für Soziales, Gesundheit und Integration am 28.08.2018

Auszug aus dem Protokoll über die 12. Sitzung des Kreistages am 05.09.2018

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