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1.10.2010 Kreisvorstand: Das Problem sind die Nazis - Tumult bei Grünen Rede im Kreistag

Pressemitteilung von BÜNDNIS 90 / DIE GRÜNEN KV Göttingen vom 01. Oktober 2010

Das Problem sind die Nazis!

- GRÜNE entsetzt über Verhalten mancher Kreistagsabgeordneter von CDU und FDP.

Als „skandalösen Auftritt“ hat das Mitglied des Vorstandes des GRÜNEN Kreisverbandes, Moritz Keppler das Verlassen der Kreistagssitzung durch einige Abgeordnete von FDP und CDU während einer Rede des GRÜNEN Fraktionsmitglieds Nicolai Zipfel bezeichnet. Dieser hatte in seiner Rede (siehe Anlage) zum Antrag der Linken, welcher eine Entschuldigung der Göttinger Polizei gegenüber den Bewohner_Innen der Roten Straße fordert, betont, dass die wirkliche Gefahr für die Demokratie und die Bürger_Innen hierzulande nicht von links ausgeht, sondern vor allem rechte Neonazis das Problem sind. Als Zipfel die Zahlen rechter Gewalttaten nannte und die Ziffer der Todesopfer rechter Übergriffe darstellte, echauffierten sich Teile der Fraktionen rechts im Plenum. Nachdem sie zur Ordnung gerufen wurden verließen einige den Ratssaal, um sich lauthals weiter auszulassen und damit die Rede von Zipfel weiter zu stören.

 

Keppler kommentiert dieses Verhalten heute: „Es ist schon unverschämt, dass demokratische Abgeordnete überhaupt so miteinander umgehen. Aber dass manche gerade die Äußerungen über die offensichtliche rechte Gefahr in der Bundesrepublik zum Anlass nehmen, um so einen peinlichen Auftritt zu inszenieren, lässt einem quasi den Atem stocken. Man sollte doch meinen, dass es gerade in diesem Land, mit diesem geschichtlichen Hintergrund, unter den demokratischen Parteien einen Konsens darüber geben muss, dass rechter Terror nicht verharmlost wird. Die Abgeordneten dieser Parteien müssen aufpassen, an wessen Seite sie sich stellen, wenn sie schon das Anmahnen neofaschistischer Gewaltverbrechen nicht hören wollen. Damit öffnen sie Nazis Tür und Tor!“

Zipfel musste seine Rede im Tumult störender Konservativer zu Ende bringen. Dabei ging er noch auf die ideologische Kampagne der so genannten Extremismustheorie ein, mit der u.a. Kristina Schröder auf Bundesebene aber auch konservative Kräfte in Göttingen immer wieder versuchen rechts und links gleichzusetzen um sich so Vorwände zu verschaffen, um gegen linke Gruppen und Bewegungen vorgehen zu können. Innerhalb der Rede bezeichnete Zipfel eine solche Gleichsetzung als „eine gefährliche Bagatellisierung der Neonazis“. In den Wortbeiträgen von CDU und FDP war zuvor von „gefährlichem Linksextremismus“ gesprochen worden.

Im Nachhinein äußerte sich Keppler erschrocken über das Verhalten mancher Kreistagsabgeordneter: „Wer für seine law and order Politik das Schreckgespenst eines gefährlichen Linksextremismus populistisch heraufbeschwören muss, die_der hört natürliche nicht gerne die Unterschiede zwischen links und rechts. Mindestens 142 Menschen wurden seit der Wende von Neonazis ermordet. Wer sich darüber echauffiert, dass man so etwas ausspricht, die_der spottet den Opfern rechter Gewalt!“

Für Nachfragen und weitere Informationen melden Sie sich bitte bei:

 

Moritz Keppler

ernst.k@remove-this.gmx.de

0551-4883083

ANLAGE:

Rede von Nicolai Zipfel vorm Kreistag des Landkreises Göttingen am 29. September 2010

 

Als es zu einer Verpuffung in einer Teeküche des Kreishauses kam stand für viele sofort fest, dass dies ein linksextremer Anschlag war.

Dies reiht sich ein in eine lange Kampagne gegen eine eine angebliche Gewalteskalation linksorientierter Straftaten. Hierzu wird jedes brennende Auto gezählt. Völlig verkannt wird aber dass das eigentliche Problem der Rechtsextremismus ist.

Rund20.000 Straftaten haben extrem Rechte laut Bundeskriminalamt 2009 begangen, darunter mehr als 1.000 Gewalttaten. Immer wieder werden Opfer schwer verletzt und traumatisiert. Neonazis töteten seit der Deutschen Einheit mehr als 140 Menschen, nur weil sie nicht ihrem abstrusen Weltbild entsprachen.

Dass die schwarz-gelbe Bundesregierung und unsere Landesregierung angesichts solcher Fakten einem angeblich gefährlichen Linksextremismus nun verstärkt den Kampf ansagen, zeugt von Realitätsverlust.

Kein Zweifel: Anzünden von Autos ist eine Straftat, die aufgeklärt und verfolgt werden muss. Es mag im Einzelfall auch politisch links motiviert sein. Daraus eine Bedrohung für unsere Demokratie zu konstruieren, ist jedoch völlig absurd.

Daher geht eine Förderung von Initiativen gegen Linksextremismus, wie Frau Schröder sie plant, an den Problemen in Deutschland vorbei.

Die Gleichsetzung von Rechtsextremismus mit anderen Formen des politischen Extremismus stellt eine gefährliche Bagatellisierung der Neonazis dar. Diese sind die größte Gefahr für unsere Demokratie.

Ihre Ideologie führt zu Gewalt gegen anders Denkende, Aussehende, Lebende und Liebende. Die Zahl der rechtsextrem motivierten Straftaten ist nicht nur deutlich höher, die extreme Rechte nutzt Gewalt auch als systematisches Mittel zur Durchsetzung ihrer politischen Ziele.

Allein im vergangenen Jahr wurden über 20.000 rechtsextrem motivierte Straftaten zur Anzeige gebracht, 15,8 Prozent mehr als 2007.

 

Und es war einzig und allein diese politische Kampagne gegen Linksextremismus, die zu einer Vorfestlegung geführt hat, die völlig einseitig in eine Richtung ging.

Nicht zum ersten Mal wurde von den Behörden auffällig schnell und einseitig gegen Angehörige politisch linker Gruppen repressiv vorgegangen und dies begleitet von undifferenzierten öffentlichen Vorverurteilungen.

Als neulich im Cheltenhampark Jugendliche von Burschenschaftlern angegriffen wurden, hat die Polizei einen 16-jährigen Linken bis in die Nacht hinein erkennungsdienstlich behandelt und in den Angreifern keine Gefahr gesehen.

Ein anderes Beispiel wie die Polizei versucht Linke in Göttingen zu kriminalisieren ist eine Solidaritätskundgebung für ein geräumtes Haus in Erfurt, dabei wurden die Teilnehmer und Teilnehmerinnen stundenlang ohne Not einkesselt. Wer objektiv ermittelt der hätte gerade auch im vorliegenden Fall mehr Fingerspitzengefühl erwiesen.

Auch wenn die Polizei im Kleingedruckten darauf hingewiesen hat, dass sich der Verdacht nur auf Indizien stützt, so war doch von Anfang an klar wie das mediale Echo aussehen würde.

Ebenso haben sind aber auch manche politischen Akteure auf den gleichen Zug gesprungen.

Herr Güntzler sah eine neue Qualität linksextremer Straftaten in Göttingen, wörtlich lassen sich seine Äußerungen in einer Antwort des Innenministers finden. Ebenso hat sich die FDP mit Vorverurteilungen in die Öffentlichkeit gewagt und wollte hier auch noch eine Resolution einbringen, was zum Glück verhindert wurde.

Allerdings wurde dies auch durch die öffentlichen Darstellungen der Polizei intendiert.

Inzwischen sind die Akten veröffentlicht, daher kann man eindeutig die Ermittlungsfehler der Göttinger Polizei sehen.

Dass Spürhunde mehrere Tage nach der Verpuffung eine Spur noch riechen konnten und das auch noch durch eine sehr belebte Straße kam vielen spanisch vor. War aber das Hauptargument der Polizei um gegen Menschen die in der Roten Straße wohnen zu ermitteln.

Johann Fruth, der Ausbildungsleiter der bayerischen Landespolizei für Diensthunde, fällt über den Spürhundeinsatz der Polizei ein Vernichtendes Urteil: Er sagte, diesem Einsatz sei keine Bedeutung beizumessen, ebensowenig wie der Interpretation eines möglichen Einsatzergebnisses durch die Hundeführer. Mit seinem Gutachten ist ein ganzes Gebäude aus Verdächtigungen in sich zusammengebrochen, das viele Beobachter von Anfang an als völlig herbeikonstruiert scharf kritisiert haben.

 

Hier wurden durch eine völlig unzulängliche Polizeiarbeit Menschen zu Unrecht beschuldigt. Es wurden BewohnerInnen eines Hauses kollektiv und Verdacht gestellt. Inzwischen steht es fest:

es gab massive Ermittlungsfehler und es wurden vier BewohnerInnen einer Göttinger WG und mit ihnen eine ganze politische Szene unter falschen Terrorverdacht gestellt.

 

In der Intention unterstützen wir daher den Antrag der Linkspartei, dennoch werden wir in der weiteren Beratung unseren Änderungsantrag, wie er schon im Stadtrat gestellt wurde, stellen.

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