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11.12.09 Stadtratsfraktion: GRÜNE begrüßen Zusammenlegung der Göttinger Realschulen

„Eine große und zukunftsfähige Voigt-Realschule am Standort der bisherigen Personn-Realschule ist zwar noch lange keine IGS, aber eine bessere Lösung
für unsere Kinder hätten wir angesichts der bestehenden landesgesetzlichen
Rahmenbedingungen nicht erzielen können.“ Mit diesen Worten kommentiert der
Vorsitzende der Ratsfraktion Bündnis 90/DIE GRÜNEN, Rolf Becker den Beschluss
des Rates, die beiden Göttinger Realschulen am Weender Schulstandort zusammenzuführen.
„Wir schließen eine der engsten und lautesten Schulen Göttingens
und geben einem der besten und räumlich großzügigsten Standorte eine
langfristige Perspektive.“
„Die Entscheidung orientiert sich am Elternwillen und sichert der neuen Schule die
bestmögliche Ganztagsversorgung“, betont auch die schulpolitische Sprecherin der
Fraktion, Cosima Richter-Koch. Umstritten war im Rat bis zuletzt die Frage, welche
der beiden Schulen formal geschlossen werden soll, da eine gleichberechtigte Fusion
im Landesschulgesetzt nicht vorgesehen ist. Die Zusage der Landesregierung,
der neuen Schule für ihren Ganztagsunterricht in jedem Falle genauso viele Lehrerstunden
zuzugestehen, wie aktuell der Personn-Realschule, stellte endgültig die
Weichen für die ansonsten fachlich sehr gut begründete Beschlussvorlage des
Schuldezernates: Die Personn-Realschule wird formal geschlossen. Die Voigt-
Realschule mit ihren deutlich höheren Anmeldezahlen bleibt bestehen und gibt der
neuen gemeinsamen Schule ihren zukünftigen Namen.

Der Vorsitzende der Fraktion, Rolf Becker hat die Zustimmung der Fraktion Bündnis
90/DIE GRÜNEN in seiner heutigen Rede im ausführlich begründet (siehe Anhang).

Kontakt:
Rolf Becker, Fraktionsvorsitzender, Tel.: 0551-4886023; Mobil: 0176-22334501
Cosima Richter-Koch, schulpolitische Sprecherin, Tel.: 0551-796060

 

PDF der Pressemitteilung

PDF der Rede


Rede des Fraktionsvorsitzenden, Rolf Becker zu TOP 22:
„Neustrukturierung der Göttinger Realschulen“


Anrede,

wir Grüne werden der Vorlage des Schuldezernates zustimmen, da wir dringenden Handlungsbedarf
bei den beiden Realschulen in unserer Stadt sehen. Hatten diese im Jahre 2002 noch fast 300 Anmeldungen,
so waren es im letzten Jahr nur noch ganze 77 Schüler, die eine der beiden Realschulen
besuchen wollten. Weniger als eine volle Klasse wollten davon übrigens auf die Personn-Realschule.
Der Schulstandort Personn-Realschule ist jedoch mit der beste in unserer Stadt. Und wir halten es
daher auch im Interesse zukünftiger SchülerInnen nicht für akzeptabel, dass dieser nicht in vollem
Umfang genutzt wird. Zur Verdeutlichung: Aktuell werden 40% der allgemeinen Unterrichtsräume nicht
adäquat genutzt und in 2 Jahren zum Zeitpunkt der geplanten Fusion werden es schon deutlich über
50% sein. Das lässt sich nicht verantworten! Insbesondere wenn man weiß, dass die Voigt RS seit
Jahren einen Ganztagsbetrieb aufbauen will. Und dies ist am Standort Bürgerstrasse objektiv nicht
möglich.
Im Mittelpunkt unserer Überlegungen stehen die Schülerinnen und Schüler. Unser Handeln wird von
dem Anspruch geleitet, möglichst umfängliche Bildungsgerechtigkeit insbesondere für zukünftige
Schülerinnen und Schüler herzustellen. Einschränkend muss gesagt werden: Soweit wir dies als
Schulträger können und soweit dies im bestehenden aussondernden Schulsystem überhaupt möglich
ist.
Gerade unter dem Aspekt der Bildungschancen und der Bildungsgerechtigkeit ist die ungleiche Entwicklung
der Schülerzahlen beider Realschulen Besorgnis erregend und macht heute eine Entscheidung
nötig. Eine zu kleine Schule mit einem schrumpfenden Segment der gesamten Göttinger
Schülerschaft kann das Entwicklungspotential der SchülerInnen notwendigerweise nicht völlig ausschöpfen
und setzt zwangsläufig eine Fluchtbewegung der Eltern in Gang, weg von dieser Schule.
Ohne eine Zuweisung von Schülern wäre die Personn RS seit Jahren einzügig. Und unsere aktuelle
Prognose der Schülerzahlen zeigt, dass sich an dieser Situation auch zukünftig nichts ändern würde.
Ich möchte dabei ausdrücklich betonen, dies ist mit Nichten eine negative Bewertung der Arbeit der
Kollegen und Kolleginnen. Im Gegenteil, ich habe aufgrund eigener, jahrelanger, praktischer Erfahrungen
in einer Berliner Gesamtschule mit etwa 80% Migrantenkinder höchsten Respekt vor dem
Engagement solcher Kollegien und deren einzelnen Erfolgen mit jungen Menschen; mit Schülern, die
es oft schwerer haben als das klassische Göttinger Mittelstandkind. Und dennoch, schülerorientierte
Differenzierungen setzen im schulpraktischen Alltag eine Mindestschulgröße und anregende Breite
bei den Fähigkeiten der Schülerpopulation, sowie entsprechende räumlich Bedingungen voraus. Für
die Stabilität einer demokratischen Gesellschaft ist ein so wenig wie möglich selektives Schulwesen,
also eine in vielerlei Hinsicht integrierende Schule, aus meiner Sicht eine notwendige, wenn
auch keine hinreichende Bedingung.
Im Moment ist festzustellen, dass bei der einen Schule für die Realisierung eines echten Ganztagskonzeptes
völlig ungeeignete Standortbedingungen vorliegen, während hingegen am Standort der
anderen Schule die pädagogisch nötigen Entwicklungsmöglichkeiten realisiert werden können. Hier
muss eine Synthese gefunden werden. Sicherlich, beide Schulen haben ihre eigene Geschichte und
Identität. Diese muss im Interesse zukünftiger Schülerinnen und Schüler in eine gemeinsame
Schulentwicklung einfließen. Ich bin übrigens überzeugt davon, dass die LehrerInnen beider Kollegien
dies nach dem heutigen Beschluss mit großem Engagement und Professionalität realisieren werden.
Auch die Kolleginnen und die Elternvertretungen haben doch schon bewiesen, dass sie aufeinander
zugehen werden und das Optimum für ihre Kinder auch gegenüber uns als Schulträger herausholen
werden. Ich finde, das ist gut so!
Beide Schulen haben sich - wenn auch in unterschiedlichem Umfang und in unterschiedlicher Weise –
in den letzten Jahren der Aufgabe gestellt, Bildungsgerechtigkeit konkret zu realisieren, u. a. durch
maßgeschneiderte Förderkonzepte. Bisher sind bei beiden Schulen auf unterschiedliche Weise Landesmittel
und Vereinsmittel für Lehrer- und Sozialarbeiterstunden eingesetzt worden, so dass über
differenzierte pädagogische Angebote an vielen Schülerinnen und Schülern berufsvorbereitende Realschulabschlüsse
vergeben werden konnten.
Die Personn-Realschule hat dabei den offensichtlichen Vorteil einer vollständigen Abrechnung des
tatsächlichen Ganztagsbedarfs mit aktuell 54 Stunden und wir sind sehr zufrieden, dass das Ministerium
uns mit Datum von gestern offiziell zugesagt hat, diesen Bestand auch nach einer Zusammenlegung
beider Schulen im Jahr 2011 zu erhalten. Nehmen Sie bitte die Äußerungen von Herrn Wedrins
und das Abstimmungsverhalten der SPD als Zeichen dafür wie weh es uns allen tut, dass wir dem
Land die Möglichkeit eröffnen sich aus der Finanzierung des an einer RS notwendigen Ganztagsangebots
zu verabschieden. (es mag sein, dass die SPD sich nach dieser obigen neuen Information
doch noch zu einer Zustimmung entschließen kann!)
Ich denke, dass in dieser sich abzeichnenden Kombination aller Ressourcen des Landes, der durch
die Schulen zusätzlich eingeworbenen Mittel und unserer Hilfe als Schulträger ein Angebot ähnlicher
Güte und ähnlichen Umfangs, wie es bisher am Standort der Personn-Realschule besteht, verwirklicht
werden kann.
Unsere Fraktion respektiert alle Sorgen, dass die anstehenden Umstrukturierungen zu Lasten der
zukünftigen Schülerinnen und Schüler gehen könnten. Um dieser Besorgnis gerecht zu werden, begrüßen
wir die Einrichtung einer externen Moderation durch die sichergestellt werden soll, dass beide
Schulen ihre Erfahrungsschätze optimal in die Entwicklung der neuen Schule einbringen können.
Wir sehen die heutige Entscheidung als einen Schritt zur Sicherung der bestmöglichen Bedingung für
die zukünftige Beschulung eines Teils der Göttinger Kinder. Als Schulträger sind uns durch die Landeshoheit
in Schulstrukturfragen dabei insgesamt enge Grenzen gesetzt. Wir werden jedoch alles
dafür tun, dass der Schulstandort Weende perspektivisch einer breiten Schülerpopulation für eine
echte ganztätige und auch integrative Beschulung zur Verfügung steht. Gesellschaftliche Integration
und soziale Qualifikation können nur gelingen, wenn die Schüler- und Elternschaft einer Schule
in ihrer Zusammensetzung die gesellschaftlichen Verhältnisse widerspiegelt. Wir sind daher gleichermaßen
gegen aussondernde Eliteschulen - die meist anscheinend harmlos in der Form von Privatschulen
daherkommen - wie auch gegen Schulen, die mit gesellschaftlichen Resten und Randgruppen
allein gelassen werden!

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